IM SCHIMMELVIERERZUG NACH BROOCK
Ein königlicher Jagdgast

von | 30. Januar 2024 | Blog, Historie, Historische Presse

Hans von Seckendorff präsentiert den Gästen die prächtigsten Gestütspferde vor dem Broocker Marstall. Niederrheinisches Tageblatt, 12.08.1926.
(Quelle: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/F6WCCL2FU3RJCE4DUEW2M5SJDCXULEGE?issuepage=6 )

Gesellschaftsjagden, zu denen sich der gesamte Adel der Region einfand, waren in Broock spätestens seit 1840 Tradition. Die Broocker Parforcejagden waren gesellschaftliche Highlights und sogar der Deutsche Kaiser gewährte einen finanziellen Zuschuss, zum Unterhalt der berühmten Broocker Beagle-Meute. Der Besuch von Mitgliedern aus königlichen Häusern war dennoch ein Highlight, über das auch gerne die Presse berichtete.  

Heinrich Wladimir Albrecht Ernst Herzog zu Mecklenburg-Schwerin (1876-1934), seit 1901 Prinzgemahl der Königin Wilhelmina der Niederlande (1880-1962), war regelmäßiger Jagdgast auf Schloss Broock. Das Demminer Tageblatt druckte im Frühjahr 1934, nach dem Ableben der niederländischen Königinmutter Emma, den bis dahin unveröffentlichten Bericht eines Redakteurs, der den ersten Besuch des niederländischen Prinzgemahls auf Broock schildert. Kurz darauf, bereits im Juli 1934, starb auch Heinrich zu Mecklenburg, Prinz der Niederlande – und wenige Wochen später segnete Hans (II.) von Seckendorff-Broock das Zeitliche. 

Heinrich, Prinz der Niederlande, Herzog zu Mecklenburg, ca. 1910. (Quelle: Wikipedia – gemeinfrei)

Im unten zitierten Artikel werden Dreharbeiten für die „Aktuelle Wochenschau“ erwähnt. Unsere bisherigen Nachforschungen in entsprechenden Archiven waren leider (noch) nicht erfolgreich. Wir konnten jedoch in zahlreichen Tageszeitungen im deutschen Reichsgebiet eine kurzgefasste Bildberichterstattung zu diesem Ereignis finden, die offenbar von einer Agentur für Pressefotografen vertrieben wurde. Die meisten Beiträge erschienen im Zeitraum vom 10. bis 12. August 1926. Somit kann dieses Ereignis nur Ende Juli, bzw. Anfang August in Broock stattgefunden haben, nicht im Herbst, wie der Artikel im Demminer Tageblatt behauptet.

Nicht korrigierte Abschrift:

[Überschrift:]

„Besuch des Prinzen Heinrich der Niederlande auf dem Schimmelgestüt Schloß Brook bei Demmim (Pommern.)

Prinz Heinrich der Niederlande weilt als Gast des Freiherrn v. Seckendorff auf Schloß Brook, um das Schimmelgestüt und die einzige in Deutschland existierende Zucht javanischer Zwergponys zu besichtigen. Das Schimmelgestüt ist gleichfalls eines der größten Deutschlands.

[Bildunterschrift oben:]

Prinz Heinrich der Niederlande besichtigt die Schimmelhengste

Von rechts nach links: Statsrat von Maltzan-Vanselow; Hofmarschall von Lowen; Prinz Heinrich der Niederlande.

[Bildunterschrift unten:]

Freiherr von Seckendorff mit seinen javanischen Zwergponys.“

Bergische Wacht, 12.08.1926.
(Quelle: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/D53OC7XNQVZYGJMYLDIM4VWFL72GP4AU?issuepage=3 )

Der Gastgeber „Hans Baron“, der letzte Seckendorff auf Broock, hatte die ausgesprochene Gabe ein Ereignis, sein Schloss oder sein Gestüt – und nicht zuletzt sich selbst – öffentlichkeitswirksam zu inszenieren. Während des hier beschriebenen Besuchs postierte er Fanfarenbläser hinter den Zinnen des Schlosses, um die Ankunft des hohen Gastes festlich in Szene zu setzen. Das gesamte Gestütspersonal präsentierte in Gala-Livreen die prächtigen Schimmel, Seckendorff selbst empfing den Prinzen im eleganten Cutaway. Er war ein begnadeter PR-Mann, der es verstand die Medien regelmäßig anzulocken und zu füttern. Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs bis zu seinem Tode erschienen immer wieder Zeitungsberichte und Fotoreportagen über das Schimmelgestüt, die Erfolge der Broocker Rennpferde, über die Zucht der drolligen javanischen Zwergpferde, über prominente Gäste und über Hans (II.) von Seckendorff selbst, im Kreise des „Jetsets“ der Weimarer Republik. Seine Kontakte zu den Medienmogulen der damaligen Zeit müssen hervorragend gewesen sein, wenn sogar die Ufa zur Berichterstattung eilte. (siehe auch „Hans Freiherr von Seckendorff und der „Jetset“ auf Sylt“ )

Hier nun die ausführliche Beschreibung des Demminer Tageblatt als nicht korrigierte Abschrift:

„Im Schimmelviererzug von Vanselow nach Broock.

Als in Broock die Orange-Flagge wehte. / Der Prinzgemahl der Niederlande ständiger Gast im Demminer Kreise. / Unveröffentlichtes aus den Aufzeichnungen eines Tageblatt-Mitarbeiters.

Der für Holland so schmerzliche Verlust der Königin-Mutter Emma lenkt auch unsere Augen erneut auf die Dynastie der Nassauer in Holland.

Heinrich, Prinzgemahl der Niederlande, der Gatte der holländischen Königin Wilhelmine stammt aus dem mecklenburgischen Fürstenhause und ist im Demminer Kreise ein häufiger und gerngesehener Gast. Freundschaftliche Beziehungen verbinden ihn noch heute mit dem Grafen Behr-Bandelin und mit dem Freiherrn von Seckendorff-Broock. Oftmals besuchte der Prinzgemahl auch den verstorbenen Landrat Jasper Freiherr von Maltzahn auf Vanselow.

Ein besonders festlicher Tag war des Prinzen Heinrich erster Besuch in Broock im Herbst 1926. Von Vanselow kommend, ließ Freiherr von Seckendorff seinen königlichen Gast mit einem Schimmelviererzug einholen und es war ein prächtiger Anblick diesen Schimmelviererzug auf seiner Fahrt von den Tollensehöhen herab zu verfolgen.

Auf den Zinnen des Broocker Schlosses hatte Obermusikmeister Stimming mit einigen Fanfarenbläsern der Demminer Stadtkapelle Aufstellung genommen und über dem Schlosse wehte neben den Freiherrlich von Seckendorffschen Hausfarben die organgefarbene holländische Königsstandarte. Als der Schimmelviererzug in den Broocker Schloßhof einbog, schmetterten die Stimming’schen Festfanfaren dem niederländischen Gast den „Wilhelmus von Nassauwe“ die holländische Nationalhymne, entgegen. An der Schloßauffahrt hatte das Broocker Forst- und Gestütspersonal in Galauniformen Aufstellung genommen und unter den Klängen des Deutschlandliedes schritten der Schlossherr und sein Gast die Front dieses festlichen Ehrenspaliers ab. Zwei Operateure der Ufa filmten die ganze Festlichkeit für die „Aktuelle Wochenschau“. Daran schloß sich eine eingehende Besichtigung des Schimmelgestütes und am andern Tage eine große Jagd in dem weitausgedehnten Broocker Jagdrevier, auf dem Prinz Heinrich einen kapitalen Hirsch erlegte. Seither ist der Prinzgemahl der Niederlande fast ständiger Jagdgast in Broock gewesen.“ 

Demminer Tageblatt, 1934, Ausschnitt ohne genaue Datumsangabe.
(Quelle: Kreisheimatmuseum und Archivbibliothek, Demmin – Ztg1289)
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