Hans Freiherr von Seckendorff und der „Jetset“ auf Sylt

von | 31. Januar 2020 | Blog, Historie

Hans von Seckendorff mit seinem Horch 470 Sportcabriolet, aus dem Magazin „Das Leben“, 1932.
Hans von Seckendorff mit seinem Horch 470 Sportcabriolet auf Sylt, aus dem Magazin „Das Leben“, 1932. 

In einer Ausgabe des damals höchst modernen Magazins „Das Leben“ vom Oktober 1932 findet sich ein Foto von Hans Freiherr von Seckendorff („Hans Baron“ – der letzte Seckendorff auf Broock), aufgenommen in Westerland, Sylt. Er steht vor seinem weißen Sportcabriolet, vertieft in eine Unterhaltung mit Dr. Krupp, hoch zu Ross. Dr. Herbert Krupp war der damalige Badedirektor des Seebads Westerland. 

Sylt gehörte zu Hans von Seckendorffs bevorzugten und regelmäßigen Urlaubszielen. Schon seine Eltern Martha und Adolf von Seckendorff fuhren mit den Kindern zur „Kur“, bzw. zur Sommerfrische auf die populäre Nordseeinsel. Auf Sylt traf „Hans Baron“ den Jetset der Weimarer Republik. Alles was Rang, Name oder Geld hatte fand sich im „Club der Westerländer“ – einer launigen Gesellschaft von regelmäßig wiederkehrenden Inselgästen. Seckendorff war mit den berühmten Ufa-Schauspielern dieser Zeit und illustren Personen wie der Kunstfliegerin Elly Beinhorn befreundet, die ihn auch auf Broock besuchten.

Die bekannten Schauspieler Willy Fritsch und Fritz Kampers mit Hans von Seckendorff (rechts) auf Sylt, 01.09.1933.
Die bekannten Schauspieler Willy Fritsch und Fritz Kampers mit Hans von Seckendorff (rechts) auf Sylt, 01.09.1933.

Der Club hatte sogar sein eigenes Presseorgan mit dem Titel „Die Qualle“. Dort finden wir am 17. August 1933 auch Hans von Seckendorff auf der Titelseite: 

„In der vergangenen Woche kamen noch zwei unserer Ehrenmitglieder, die sich überall größter Beliebtheit erfreuen und auf deren Kommen man wochenlang sehnsüchtig wartete, ohne jemals ernstlich daran zu zweifeln, daß sie doch noch eintreffen werden. Es waren dies Curt Marthaus (der bekannte Kaffee-Großhändler aus Leipzig) und Freiherr von Seckendorf [sic] (seines Zeichens Inhaber des größten deutschen Schimmelgestütes und Züchter der berühmten javanischen Zwergpferde). Freiherr von Seckendorf kam von der Großen Schau deutscher Reitpferde in Aachen, woselbst die Pferde seines Broocker Gestüts wiederum hervorragend abschnitten. Bei den vierjährigen Pferden siegte in der leichten Abteilung die elegante Schimmelstute „Herzdame“, und bei den fünfjährigen wurde Seckendorfs „Elfentanz“ mit dem 1. Preise ausgezeichnet. Wir freuen uns alle dieser hervorragenden Erfolge und gratulieren hier nochmals herzlichst.“ 

Große Beachtung fand übrigens auch sein weißes Sportcabriolet – nicht nur auf Sylt übrigens, auch auf den holprigen Pflasterstraßen im pommerschen Hinterland wird es für Aufsehen gesorgt haben. Es handelte sich um einen Horch 470. In Oldtimer-Foren werden die Horch 8 Zylinder zu den schönsten und feinsten Automobilen der 1930er Jahre gezählt. Man vergleicht dort den damaligen Anschaffungspreis mit dem Wert eines Einfamilienhauses.

Auch die berühmten javanischen Zwergpferde durften ans Steuer, Broock ca. 1932.
Auch die berühmten javanischen Zwergpferde durften ans Steuer, Broock ca. 1932.

Es war unmittelbar nach einem Urlaub auf Sylt, als Hans von Seckendorff im Alter von 51 Jahren die Augen für immer schloss. Am 30. September 1934 schreibt das „Demminer Tageblatt“:

„Seit drei Wochen schreit in den Broocker Wäldern der Hirsch. Da pflegte der Schloßherr, Hans Freiherr von Seckendorff, alljährlich von seiner Sommererholung heimzukehren zu seinen Hirschen. Wie oft, war er auch dieses Jahr in Westerland, um Linderung eines alten Herzleidens in der stärkenden Seeluft zu suchen. Später als sonst trat er die Heimreise an. In Kiel zwang ihn sein Leiden zur Unterbrechung seiner Reise. Am Montag früh, als er sich für den neuen Tag rüsten wollte, zerschnitt ihm die Schicksalsnorne den Lebensfaden. Ein schneller, plötzlicher Tod ersparte ihm Schmerzen und Qualen eines langen Krankenlagers. Der Draht trug die traurige Nachricht in die Heimat, dort Bestürzung und Trauer auslösend. Als wenn die Tiere den Schmerz der Menschen mitfühlten war es, ein Orgelkonzert der verwaisten Waldmajestäten rollte durch die Nacht. […]“

Hans Freiherr von Seckendorff (1883-1934), ca. 1920
Hans Freiherr von Seckendorff (1883-1934), ca. 1920

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