Friedrich August Stüler und Moritz Geiß
Innovationen des 19. Jahrhunderts
1841-43 wurde der ursprünglich barocke Baukörper von Schloss Broock umfassend durch den berühmten preußischen Architekten Friedrich August Stüler (1800-1865) im Stil der sog. „castle gothic“ umgebaut und modernisiert (Abb. 4). Der barocke Stil war gänzlich aus der Mode gekommen und im Sinne der Romantik wurde ein historisierender Baustil bevorzugt. Das Haus erhielt nicht nur äußerlich ein vollkommen neues Erscheinungsbild, auch das Interieur erfuhr eine grundlegende Neugestaltung. In der Tradition Schinkels setzte Stüler auf Innovationen am Bau und integrierte auch in Broock damals moderne Materialien wie Zinkguss und Bauschmuck aus Terrakotta.
Anfang des 19. Jahrhunderts begann der Siegeszug des Zinkgussverfahrens, der in der Berliner Kunstgießerei von Moritz Geiß (1805-1875 – Abb. 5) seinen Höhepunkt erreichte. Hergestellt wurden z.B. Architekturelemente und vollplastische Figuren, bzw. Abgüsse von antiken und zeitgenössischen Kunstwerken. Moritz Geiß fertigte u.a. nach Entwürfen von Schinkel, Stüler und Persius und vervielfältigte Skulpturen von berühmten Bildhauern wie Schadow, Rauch und Kiß. Geiß bot seine Produkte in „Katalogen“ an, die sich großer Aufmerksamkeit und einer weiten Verbreitung erfreuten. Noch heute finden sich, über den gesamten europäischen Kontinent verteilt, zahlreiche Statuen und Brunnenfiguren der Berliner Gießerei. Die Popularität des Zinkgussverfahrens ist unter anderem der guten Verarbeitungsmöglichkeiten und der Langlebigkeit des Materials zu verdanken.
In Broock verbaute man Architekturelemente aus Zinkguss, die allesamt von Moritz Geiß nach Entwürfen Stülers gegossen wurden. Am eindrucksvollsten sind wohl die großen halbrunden Fenster des östlichen Mittelrisalits. Hier besteht das auffällig gut erhaltene Maßwerk aus Zinkguss. An den Fensterflügeln befanden sich weitere kleinformatige Zierelemente (Abb. 8). Dieser Fenstertyp wurde von Stüler in verschiedenen seiner Bauten eingesetzt. Das gleiche Maßwerk findet sich z.B. am Jagdschloss Granitz auf Rügen.
Aus Zinkguss waren auch die 39 Vierpassfenster des Dachgeschosses, direkt unterhalb der Zinnen. Während des über 40 Jahre währenden Leerstandes des Broocker Schlosses, wurden alle Fenster ausgebaut und abtransportiert. Dankenswerter Weise fanden zwei dieser Fenster vor nicht allzu langer Zeit den Weg zurück nach Broock. (Wir haben berichtet: „Coming Home“)
Im „Fundstücke-Depot“ des letzten Eigentümers fanden sich zwei Bruchstücke aus Zinkguss, die wir anfangs nicht zuordnen konnten (Abb. 1, Abb. 2). Als schließlich in einem Haufen Altmetall, der sich im ehem. Stutenstall befand, ein weiteres Fragment aus Zinkguss zum Vorschein kam (Abb. 3), ließ sich das Rätsel lösen. Nach Sichtung und Vergrößerung historischer Aufnahmen des Schlossgebäudes, kamen wir zu dem Schluss, dass es sich nur um Fragmente von Kapitellen handeln konnte. Frau Elisabeth Bartel vom Stadtmuseum Berlin unterstützte uns und recherchierte in den dort vorliegenden Publikationen von Moritz Geiß. Tatsächlich fand sich ein entsprechender Entwurf Stülers (Abb. 11) in den Katalogen, den wir als Grundlage einer Fotomontage verwendet haben, um die Position der Fragmente zu demonstrieren.
Diese Kapitelle bildeten den oberen Abschluss der achteckigen, dreistufigen Säulen, die bis 1945 den Wintergarten des Schlosses flankierten (Abb. 4 und Abb. 12). Gleichzeitig waren sie die Sockel für die bekrönenden Terrakotta-Statuen. Die originalen Ausmaße, die wir anhand der Fragmente berechnen konnten, sind stattlich. Die Kapitelle waren 75 cm hoch und hatten an der Basis einen Durchmesser von etwa 70 cm.
Nach Berichten von Zeitzeugen wurden die Säulen und das Dach des Wintergartens nach 1945 von „glühenden Kommunisten“ mit Hilfe eines Ochsengespannes ohne Not abgerissen.
Das Beispiel dieser drei erhaltenen Zinkguss-Fragmente zeigt wieder einmal, dass auch wenige, scheinbar zusammenhanglose Bruchstücke oft einen enormen und spannenden Einblick in die Geschichte Broocks ermöglichen.