“Acht Broocker Schimmel für Aachen”

von | 19. Mai 2021 | Blog, Historische Presse

Als 1945, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, das umfangreiche Gutsarchiv mit allen Plänen, uralten Urkunden, Aufzeichnungen, Geschäftsbüchern etc. mutwillig zerstört und auf den Dunghaufen im Hof geworfen oder als Material zum Anheizen verwendet wurde, gingen vermutlich auch sämtliche Unterlagen zu dem einst berühmten Broocker Schimmelgestüt unwiederbringlich verloren. Auch das Archiv des Herdbuchamts in Stettin wurde im Krieg durch einen Bombentreffer ein Opfer der Flammen. Umso wertvoller sind Fundstücke, wie historische Zeitungsartikel. Im Frühjahr 1934 erschien der im Folgenden abgebildete und zitierte Artikel, der uns einen seltenen Einblick in das berühmte Broocker Schimmelgestüt gewährt. Leider können wir anhand des Seitenfragments weder das genaue Erscheinungsdatum bestimmen, noch die Zeitung benennen, in der die Meldung veröffentlicht wurde. Wenige Monate später starb Hans Freiherr von Seckendorff und die Zeit der großen Turniere mit Beteiligung aus Broock war vorbei. Es wäre interessant, ob heute noch Nachkommen der aufgeführten Schimmel existieren.

Zur besseren Lesbarkeit, haben wir den Artikel als spannendes Zeitdokument 1:1 abnotiert, ohne Korrekturen, inklusive der „historischen Orthographie“:

Abb. 01: Acht Broocker Schimmel für Aachen genannt Die Nachkommenschaft des berühmten Derbysiegers “Tara-Hill” geht ins Turnier.
Abb. 01: Acht Broocker Schimmel für Aachen genannt Die Nachkommenschaft des berühmten Derbysiegers “Tara-Hill” geht ins Turnier.
Abb. 02: Tara-Hill, seit 1926 Hauptbeschäler im Frhr. von Seckendorffschen Schimmelgestüt Broock. Der Hengst gewann 22 Rennen von 27 Startplätzen.
Abb. 02: Tara-Hill, seit 1926 Hauptbeschäler im Frhr. von Seckendorffschen Schimmelgestüt Broock. Der Hengst gewann 22 Rennen von 27 Startplätzen.

Gerade zu einer Zeit kamen die Broocker Nennungen heraus, da der Aachen-Laurensberger Rennverein e. V., Bad Aachen, an seine Mitglieder die originelle, aber äußerst wirkungsvolle und werbekräftige Mahnpostkarte versandte: 

“Der Gaul mahnt Dich an Deine Pflicht: Vergiß die Meldung für Aachen nicht!”

Die Vorderseite dieser neckischen Mahnung zeigt das Bild eines Herrenreiters, der seinen Vollblüter an den Schreibtisch mit dem aufgeschlagenen Anmeldeformular führt.

Auf dieser 5. Schau deutscher Reitpferde in Aachen vom 23. – 26. Juni 1934 verbunden mit dem großen Turnier des Aachen-Laurensberger Rennvereins zu Aachen, sind vom Frhr. von Seckendorff, Schimmelgestüt Broock bei Alt-Tellin (Kreis Demmin) folgende Pferde angemeldet worden.

In der Dreijährigen-Abteilung: die Schimmelhengste

  1. “Freiheitskämpfer” v. St. Winkfield (Vollbl.) a. d. Alhambra v. Amurath (orient. Vollbl.).
  2. “Segelflieger” v. Tara-Hill (Vollbl.) a. d. Allmacht v. Amandus-Amurath (orient. Vollbl.).

In der Vierjährigen-Abteilung:

  1. Schimmelwallach “Wunderknabe” v. Tara-Hill (Vollbl.) a. d. Allmacht v. Amandus-Amurath (orient. Vollbl.)
  2. Schimmelwallach “Wanderfalke” v. Tara-Hill (Vollbl.) a. d. Amati v. Amandus-Amurath (orient. Vollbl.)
  3. Schimmelstute “Zigeunerin” v. Tara-Hill (Vollbl.) a. d. Zauberin v. Feuerzauber (Ostpreußen).

In der Fünfjährigen-Abteilung:

Der Schimmelwallach “Frühlingsbote” v. Tara-Hill (Vollbl.) a. d. Alhambra v. Amurath (orient. Vollbl.)

In der Sechsjährigen-Abteilung:

  1. Schimmelstute “Sommerwonne” v. Tara-Hill (Vollbl.) a. d. Amati v. Amandus-Amurath (orient. Vollbl.)
  2. Schimmelstute “Elfentanz” v. Rotbart-Sheridan (orient. Vollbl.) a. d. Latona v. Ingo.

Die genannten Pferde befinden sich in bester Trainingsform und erhalten auf den Turnieranlagen des Broocker Schimmelgestütes den letzten Schliff durch Gestütsmeister Schubert. 

“Tara-Hill” wurde 1926 in das Schimmelgestüt Broock eingereiht. Der Hengst ist 1920 in Irland geboren. Züchter J. W. Fullerstone. Außer dem Metropolitain-Rennen und dem Großen Preis von Karlshorst, den Tara-Hill 1925 gewann, und damit den großen Pokal und 10 000 Goldmark brachte, ist der Hengst 26mal im In- und Auslande gestartet, wurde davon 5mal Erster, 8mal Zweiter, 5mal Dritter, 3mal Vierter und blieb nur 5mal unplaciert. “Tara-Hill” hat bei seinen verschiedenen Siegen die besten Pferde geschlagen, wie zum Beispiel “Denkstein”, “Exelsior”, “Impresario” und “Lobredner”. Er wurde gezogen aus der Proserpine v. Chittabob und von Junior-Symington-Galopin. Der Hengst war bis dato Hauptbeschäler im Broocker Schimmelgestüt neben dem belgischen Vollblut-Schimmel “St. Winkfield”, jetzt “Hansi”. Dieser Hengst ist 1913 gezogen vom St. Michel a. d. Huberta und Winkfields-Prid. Züchter Mons. Verheyleweghen.

“St. Winkfield” war 1917 Sieger im Weddigen-Rennen zu Krefeld, und brachte u. a. den “Preis von Neuß”. Der Hengst gewann in einer Rennsaison 23 380 Goldmark an Geldpreisen.

Da nun inzwischen mehrere Jahrgänge von Kindern des “Tara-Hill” als Mutterstuten im Broocker Gestüt eingereiht wurden, sind inzwischen zwei neue Hengste, der englische Vollblüter “China-Cook” und der Beberbecker “Untreuer” im Schimmelgestüt stationiert.

Bemerkenswert ist noch, daß im Jahre 1933 ebenfalls zwei Tara-Hill-Nachkommen erste Preise in Aachen auf der vorjährigen Schau des Aachen-Laurensberger Rennvereins e. V. errangen.“

Abb. 03: Der Artikel im Original.
Abb. 03: Der Artikel im Original.
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